Frauenchor „ex-semble“ begeistert mit A-cappella-Konzert
Außergewöhnliche Frauen-Truppe: der Chor »ex-semble« unter Leitung von Christoph Haßler bei seinem Konzert in St. Martin.
Der südwestpfälzische Frauenchor „ex-semble“ unter Leitung von Christoph Haßler bot ein außergewöhnliches A-cappella-Konzert in der Katholischen Pfarrkirche in St. Martin. Dass das in properer Kammerchorstärke aufgestellte Frauen-Ensemble aus dem südwestpfälzischen Münchweiler schon seit seiner Gründung weit über seine Kirchturmspitze hinausblickt, dafür gerne und stetig durch Wettbewerbs- und Festivalländer reist, findet nachdrücklich Widerhall im stetig wachsenden Repertoire. Dementsprechend weltläufig sind auch die Konzertprogramme, so wie das am Sonntag in der gut besetzten St. Martiner Pfarrkirche.
Die Werkfolge bescherte dem Publikum nicht allein die Bekanntschaft mit einem von gut 30 weiblichen Kehlen sensationell lupenrein bespielten „Stimmen-Instrument“, sondern sie führte auf eine Reise zu mutmaßlich unbekannten Schätzen zeitgenössischen Vokalschaffens. Wunderbare Chormusiken aus Schweden (Marten Jansson), Norwegen (Ola Gjeilo), Lettland (Rihards Dubro), Ungarn, Slowenien, England und der Schweiz (Susanne Würmli-Kollhopp) bis zum Rätoromanen Gion Balzer Casanova.
Emotional weite Bögen gespannt
Der Abend warb nachhaltig für Kompositionen, teils religiöser, teils weltlicher Provenienz, die man jenseits ihrer in Volksmusiken verwurzelten Aura unter der Überschrift E-Musik subsumieren wird, schon ihrer komplexen Strukturen und ihrer harmonischen Verdichtungen wegen. Haßler bastelte daraus eine Werkfolge, die im Wechsel von zupackender Rhetorik – etwa dem „Cantate Domino“ des Ungarn Levente Gyöngyösi – und kontemplativer Innerlichkeit emotional weite Bögen spannte.
A cappella“, also zu singen ohne ein stützendes instrumentales Fundament, das eine saubere Intonation absichert, ist ein gefürchteter, qualitativer Prüfstein jeglichen Chorsingens. Bei der Besetzung ausschließlich mit Frauenstimmen braucht es zudem ein besonders gut austariertes Register-Profil. Spitzensoprane, nun gut. Aber auch das Alt-Fundament muss klingend tragfähig, die Mittellage füllig und gerundet sein.
Makelloses Klangbild wie aus einem Guss
Bei „ex-semble“ bewegt sich das uneingeschränkt auf Ideal-Niveau. Das Klangbild empfiehlt sich als makellos und aus einem Guss; wobei sich das stimmliche Geschehen quasi barrierefrei im weiten Spektrum von unangestrengt glasklaren Diskanthöhen und satt geerdeten Kontra-Altistinnen bewegt. Und warmer Mezzo-Klang vermittelt das ganze herrliche Erscheinungsbild in ein klangliches Gemälde von überwältigender Leuchtkraft.
Welche stimmtechnische Disziplin Haßler da in 30 Jahren in diesen Klangkörper eingeflochten hat, offenbarten mit am eindrucksvollsten die Unisono-Passagen einzelner Werke. Als Chorgruppe so blitzsauber, ohne geringste Eintrübungen und in absoluter Stimmgleichheit auf einer linearen Tonhöhe zu interagieren, zählt zu den gefürchtetsten Herausforderungen auch professioneller Ensembles.
In Sprachen aller Herren Länder
Doch es war noch weit mehr, was den faszinierenden Fußabdruck dieser außergewöhnlichen Frauen-Truppe so nachhaltig im Gedächtnis verankerte. Sie sangen und artikulierten ihre Botschaften in Sprachen aus aller Herren Länder als wären es jeweils die ureigenste Muttersprache; sie gestalteten Auftakte und Ausklinger mit äußerster Disziplin, völlig ungetrübt. Zwischen samtenem Pastosklang und überbordender Prachtentfaltung des gewaltig aufblühenden Tuttis fanden sich Unmengen schillernder Schattierung, pointiert platzierter Aperçus; und vor allem ein Gesamtklang himmelstürmenden Ausmaßes.
Erst mit dem letzten Vortrag, „Even when he is silent“, entschlüsselte sich das Motto, unter dem der Konzertabend gestellt war. „Ich glaube an die Sonne, auch wenn es dunkel ist; ich glaube an die Liebe, auch wenn ich sie nicht fühlen kann; ich glaube an Gott, auch wenn er schweigt“ – dieser Text, zu Nazizeiten von jüdischer Hand in die Wände einer Fluchtkatakombe geritzt, inspirierte den 1980 geborenen norwegischen Tondichter Kim André Arnesen zu einer atmosphärisch dichten Komposition: „Ex-semble“ gestaltete sie fesselnd, fast schmerzlich schön.